Nach der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart sind Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel in einem Zivilprozess in der Regel verwertbar. Aufgrund der Aktualität dieser Rechtsfrage existiert hierzu jedoch noch keine höchstrichterliche Entscheidung durch den Bundesgerichtshof.

Als Dashcam wird eine Videokamera bezeichnet, die auf dem Armaturenbrett oder der Windschutzscheibe eines Fahrzeugs befestigt wird und während der Fahrt das Verkehrsgeschehen fortlaufend aufzeichnet.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte jüngst darüber zu entscheiden, ob die hierbei aufgezeichneten Videos als Beweismittel in einem Zivilprozess verwertet werden dürfen.

In dem Rechtsstreit, den das Oberlandesgericht Stuttgart mit Urteil vom 17.07.2017 (Aktenzeichen: 10 U 41/17) entschieden hat, ging es um einen Verkehrsunfall, den der klagende Autofahrer mit seiner Dashcam aufgezeichnet hatte. Anhand dieser Aufnahmen konnte ein Sachverständiger den Unfallhergang rekonstruieren und insbesondere feststellen, mit welchen Geschwindigkeiten beide Fahrzeuge fuhren. Ohne die Dashcam-Aufnahmen hätte der Kläger das Verschulden des Beklagten nicht beweisen können.

Das Landgericht hatte in erster Instanz die Dashcam-Aufnahmen nicht als Beweismittel zugelassen. Hierzu führte es aus, dass die anlasslose Aufzeichnung des Verkehrsgeschehens wegen eines Verstoßes gegen das verfassungsrechtlich geschützte informationelle Selbstbestimmungsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz) der anderen Verkehrsteilnehmer zu einem Beweisverwertungsverbot führe.

Das Oberlandesgericht Stuttgart sah dies anders und ließ die Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zu. Allerdings betonten die Richter, dass Dashcam-Aufnahmen nicht generell als Beweismittel zulässig seien, sondern dies stets von einer Interessenabwägung im konkreten Einzelfall abhinge. Das Interesse an der Verwertung des Beweismittels muss also die Interessen der anderen Verkehrsteilnehmer, nicht anlasslos während der Teilnahme am Straßenverkehr gefilmt zu werden, überwiegen.

Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser aktuellen Rechtsfrage existiert bisher noch nicht. Das Oberlandesgericht Stuttgart ist bisher bundesweit das erste Obergericht, das diese Frage entschieden hat. In einem Beschluss vom 10.08.2017 (Aktenzeichen: 13 U 851/17) vertrat das Oberlandesgericht Nürnberg ebenfalls die Auffassung, dass Dashcam-Aufnahmen im konkreten Einzelfall in einem Zivilprozess verwertbar seien. Auch das Oberlandesgericht Nürnberg betonte, dass die Dashcam-Aufnahmen nicht generell als Beweismittel zulässig seien, sondern die Gerichte dies im jeweiligen Einzelfall anhand einer Interessenabwägung prüfen müssten.

Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof als höchstes deutsches Zivilgericht die Frage in Zukunft bewerten wird. Bis dahin sollten sich Betroffene, die Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel nutzen möchten, auf die Rechtsansichten der Oberlandesgerichte Stuttgart und Nürnberg berufen.

Fazit:

Wenn eine Tatsache nur bewiesen werden kann, wenn Dashcam-Aufnahmen verwertet werden, wird dieses Beweismittel in der Regel zulässig sein. Die Rechtslage zu dieser Frage ist jedoch noch nicht abschließend geklärt. Sollten Sie hierzu Fragen haben, beraten wir Sie gerne.

Übrigens: Auch im Straf- oder Bußgeldverfahren kann die Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zulässig sein. So entschied das Oberlandesgericht Stuttgart mit Beschluss vom 04.05.2016 (Aktenzeichen: 4 Ss 543/15), dass eine Verwertbarkeit zumindest bei der Verfolgung von schweren Verkehrsordnungswidrigkeiten wie z.B. einem Rotlichtverstoß zulässig sei und die Behörde aufgrund dieser Dashcam-Aufnahme, die ihr von einem anderen Verkehrsteilnehmer zur Verfügung gestellt wurde, einen Bußgeldbescheid erlassen durfte.