Endlich hat der VII. Zivilsenat des BGH, der unter anderem für das private Baurecht zuständig ist, die Streitfrage entschieden, ob das Kündigungsrecht des Auftraggebers, wie es in § 8 Abs. 2 VOB/B geregelt ist, im Lichte der Insolvenzordnung wirksam ist.
Diese Frage, deren Beantwortung für die Praxis von erheblicher Bedeutung ist, hat zu einer Vielzahl von teilweise sich widersprechenden gerichtlichen Entscheidungen, zu einer Vielzahl von Aufsätzen, Kommentaren geführt.
Der Bundesgerichtshof ist in seiner Entscheidung auf die zwei sich gegenüberstehenden Auffassungen eingegangen, hat sich mit den von ihm im Urteil im Einzelnen zitierten Fundstellen befasst.
Er kommt in seinem Urteil zum Ergebnis, dass
- das Kündigungsrecht, wie es in § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B
(2009) geregelt ist - und auch in der VOB/B (2012) geregelt ist - nicht gemäß § 134 BGB
wegen eines Verstoßes gegen die §§ 103, 119 InsO unwirksam ist,
- auch einer Überprüfung anhand des § 307 Abs. 1, 2 BGB (unangemessene
Benachteiligung des Auftragnehmers) standhält.
Mit seiner Entscheidung hat der Bundesgerichtshof eine Streitfrage entschieden, die bei einer Vielzahl von Auftraggebern, deren Anwälten Ängste hervorgerufen hatte: Wenn deren Kündigung war gestützt auf § 8 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B, unwirksam gewesen wäre, wäre die Kündigung, so der Kündigende nicht ausdrücklich im Kündigungsschreiben eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen hätte, nach der Rechtsprechung in eine ordentliche Kündigung umgedeutet worden mit den über den Auftraggeber nachteiligen Folgen:
- Der insolvente Auftragnehmer, der Insolvenzverwalter hätte das Recht gehabt, wegen
der infolge der Kündigung nicht mehr erbrachten Leistungen einen Anspruch nach § 8
Abs. 1 VOB/B, Werklohn abzüglich ersparte Aufwendungen, geltend zu machen,
- dem Auftraggeber hätte kein Schadenersatz, gestützt auf § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B
zugestanden wegen der Mehrkosten, die ihm dadurch entstanden sind, dass er durch ein anderes Unternehmen die Arbeiten fertigstellen lassen musste.
Im vom BGH entschiedenen Fall war der Auftraggeber im Besitz einer Vertragserfüllungsbürgschaft.
Das OLG Frankfurt als Berufungsinstanz hat die gegen die Bürgin erhobene Klage abgewiesen mit der Begründung, es fehle an einem Anspruch gegen den Hauptschuldner, da die vom Auftraggeber/Kläger auf § 8 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B gestützte Kündigung unwirksam sei.
Es ist erfreulich, dass der VII. Senat des Bundesgerichtshofs mit seinem Urteil der in der Rechtsprechung, insbesondere der für das Insolvenzrecht zuständigen Zivilsenats beim BGH entgegengetreten ist, der seine vornehmste Aufgabe darin sieht, die Masse zu stärken.
So hat der IX. Zivilsenat in seinem Urteil vom 10.08.2006, IX ZR 28/05 einem Subunternehmer in der Insolvenz seines Auftraggebers, des Hauptunternehmers, das Recht der Nachbesserung genommen, da, so die Argumentation des IX. Zivilsenats, dessen Nachbesserungsleistung nicht der Masse zugute käme, sondern einem Dritten.
Aus diesem Grunde, so der IX. Zivilsenat, könne der Insolvenzverwalter vom Auftragnehmer, Subunternehmer, der mangelhaft geleistet hat, sofort eine entsprechende Minderung fordern, die zur Masse bezahlt werden muss.