Die VOB/B räumt dem Auftraggeber die Möglichkeit ein, den Vertrag mit dem Auftragnehmer fristlos, aus wichtigem Grund, zu beenden, wenn zulässigerweise der Auftraggeber selbst oder ein anderer Gläubiger, oder der Auftragnehmer selbst Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder eines vergleichbaren gesetzlichen Verfahrens stellt.
Diese Vorschrift ist den Insolvenzverwaltern ein Dorn im Auge, da durch diese Vorschrift sie nicht die Möglichkeit haben, den Auftraggeber am Vertrag festzuhalten. Für den Auftraggeber einer Bauwerksleistung ist durch diese Regelung in der VOB/B die Möglichkeit geschaffen worden, kurzfristig sich vom Vertrag mit dem entsprechenden Auftragnehmer zu lösen, und ohne allzu große Zeitverzögerung durch einen Auftragnehmer die Arbeiten fortführen zu lassen.
Seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung besteht Streit über die Frage, ob § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) nicht gem. § 134 wegen des Verstoßes gegen §§ 103, 119 Insolvenzordnung unwirksam ist.
Diese Frage lagen sich widersprechende Entscheidungen der Oberlandesgerichte vor.
Die Frage war für die Bauschaffenden von erheblicher Bedeutung: Hatte ein Auftraggeber, gestützt auf § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. VOB/B den Werkvertrag mit dem Auftragnehmer, der im Vermögensverfall geraten war, gekündigt, lief er Gefahr, dass das Gericht in einem Rechtsstreit mit dem Insolvenzverwalter die Kündigung für unwirksam erachtet hat mit der für den Auftraggeber nachteiligen Folge, dass die unwirksame Kündigung in eine ordentliche Kündigung umgedeutet wird, und der Auftraggeber an den Insolvenzverwalter nicht nur die Vergütung für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen zahlen musste, sondern für die nicht erbrachten Leistungen den Werklohn abzgl. ersparter Aufwendungen, vgl. § 8 Abs. 1 Nr. VOB/B. Wegen dieser rechtlichen Unsicherheit ging die Empfehlung dahin, nicht nur nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (2009) zu kündigen, sondern die Voraussetzungen zu schaffen für eine fristlose Kündigung, Auftragsentziehung, gestützt auf § 4 Abs. 7 VOB/B bzw. § 5 Abs. 4 VOB/B.
Der Bundesgerichtshof hat mit seiner Entscheidung (Urteil vom 07.04.2016, VII ZR 56/15) diese Unsicherheit beseitigt.
Der Auftraggeber kann den Vertrag mit dem Auftragnehmer, gestützt auf § 8 VOB/B, kündigen, ohne Gefahr zu laufen, dass die Kündigung von den Gerichten für Unwirksam erklärt wird.