Sowohl nach dem Werkvertragsrecht des BGB als auch nach der VOB/B werden ordentliche Kündigungen regelmäßig nicht ausgesprochen. Ausgesprochen werden, meist unter erheblichem Zeitdruck, außerordentliche Kündigungen, Kündigungen aus wichtigem Grund mit dem Ziel, das Vertragsverhältnis sofort und ohne Schaden für den Kündigenden zu beenden.

Bis zum Beschluss des BGH vom 11.10.2017, VII ZR 46/15 war streitig, ob derjenige, der eine Kündigung ausspricht, diese begründet, berechtigt ist, die Kündigung auch auf solche Gründe zu stützen, die in der Kündigungserklärung nicht enthalten waren. Das Oberlandesgericht Stuttgart als Vorinstanz (Urteil vom 03.03.2015, 10 U 62/14) hat diese Frage verneint und, obwohl die Frage höchstrichterlich noch nicht geklärt war, die Revision nicht zugelassen.

Die von der Klägerin gegen die Entscheidung des OLG Stuttgart eingelegte so genannte Nichtzulassungsbeschwerde war, was die Frage der Zulässigkeit des Nachschiebens von Gründen anbelangt, erfolgreich. Der BGH hat ausgeführt, dass ein so genanntes Nachschieben von Kündigungsgründen grundsätzlich jederzeit möglich sei, da eine Kündigung grundsätzlich nicht begründet werden muss.

Diese Entscheidung ist für die Baupraxis von erheblicher Bedeutung. Der Auftraggeber, unter Umständen auch der Auftragnehmer sind berechtigt, so sie Kenntnis erlangen von weiteren Gründen, die die Kündigung zu stützen vermögen, diese Gründe nachzutragen, und unter Umständen erst durch die weiteren Gründe die Kündigung rechtssicher zu machen.
Gerade in den Fällen der fristlosen Kündigung bzw. Kündigung aus wichtigem Grund, die sowohl im Rahmen des Werkvertragsrechts des BGB als auch im Rahmen der VOB/B die Regel sind, erfolgt die Kündigung unter einem nicht unerheblichen Zeitdruck.

Der Kündigende, der eine außerordentliche Kündigung als letzten Ausweg sieht, ist nicht selten gezwungen, eine mit Risiken behaftete Kündigung auszusprechen, d. h. eine Kündigung auf die ihm zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung bekannten, die Kündigung rechtfertigende Umstände zu stützen. Es kommt nicht selten vor, dass der Kündigende nach Ausspruch der Kündigung von weiteren Umständen Kenntnis erlangt, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können, entweder für sich oder in Verbindung mit den Gründen, die im Kündigungsschreiben benannt worden sind.

Durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes wurde das Risiko desjenigen, der eine außerordentliche Kündigung, eine Kündigung aus wichtigem Grund ausspricht reduziert, da er die Kündigung auf Gründe stützen kann, die ihm erst nachträglich bekannt geworden sind.