Das Kammergericht Berlin hat in seinem Urteil vom 28.08.2018, 21 U 24/16 erneut Anlass gehabt, sich mit der Frage zu befassen, ob ein Architekt die ihm nach der Leistungsphase 8 der HOAI obliegende Pflicht verletzt, wenn er den Bauherrn im Zusammenhang mit der Geltendmachung der Vertragsstrafe nicht berät, bzw., wie im vom Kammergericht Berlin entschiedenen Fall, es versäumt, die Vertragsstrafe von den Rechnungen der einzelnen Werkunternehmer in Abzug zu bringen.

Nach dem Sachverhalt, wie er sich aus dem Urteil ergibt, hatte ein Architekt, der von einem gewerblichen Unternehmen mit umfangreichen Architektenleistungen im Zusammenhang mit dem Umbau einer Kaserne zu Wohnungen beauftragt worden waren, es versäumt, im Zuge der Rechnungsprüfung die verfallenen Vertragsstrafen in Abzug zu bringen. Der Bauherr hatte auf die Richtigkeit der Rechnungsprüfung vertraut und den einzelnen Unternehmern den Werklohn bezahlt, ohne dass hiervon die verfallene Vertragsstrafe in Abzug gebracht worden wäre.

Offensichtlich enthielt die Vereinbarung zwischen dem Bauherrn und den Unternehmern die Klausel, wie ich sie vorstehend empfohlen habe.
Gleichwohl sah sich das Kammergericht veranlasst, in seinem Urteil darauf hinzuweisen, dass ein Architekt, der mit der Leistungsphase 8 beauftragt worden ist, unter anderem zu überprüfen hat, ob ein Unternehmer eine für die Nichteinhaltung von Terminen wirksam vereinbarte Vertragsstrafe verwirkt hat und, so dies der Fall ist, dafür Sorge zu tragen hat, dass der Bauherr sich diese Vertragsstrafe bei der Abnahme der Leistungen des Unternehmers vorbehält. Darüber hinaus, und dies hatte der Architekt im vom Kammergericht entschiedenen Fall versäumt, muss der Architekt bei der Prüfung der Rechnungen dafür sorgen, dass die Vertragsstrafe von der Vergütung abgezogen wird:
„Der Bauherr muss erkennen können, dass er nur einen entsprechend verminderten Betrag zu bezahlen hat.“

Das Kammergericht hat daher den Architekten, der es versäumt hat, Vertragsstrafen in Abzug zu bringen, zur Zahlung von Schadensersatz in Ansehung der vom Bauherrn zu viel bezahlten Beträge verurteilt, allerdings nur zu 50 %:
„Gleichwohl trifft sie (die Bauherrn) … die Obliegenheit, die Entstehung von Schäden durch Maßnahmen zu verhindern oder zu begrenzen, die jedem einleuchten und die keinen großen Aufwand bedeutet. Legt ein von einem Bauherrn beauftragter Unternehmer seine Schlussrechnung, in der er eine Schlusszahlung für seine Werkleistung beansprucht, dann obliegt es einem Bauherrn, auch wenn er einen Architekten mit der Rechnungsprüfung beauftragt hat, im eigenen Interesse die Richtigkeit dieser Abrechnung zu überprüfen.“

Ein besonders hohes Risiko besteht für den Architekten in den Fällen, in denen die VOB/B ohne Eingriffe, d.h. ohne Abänderungen vereinbart worden ist.
Im Hinblick auf die Neuregelung des Werkvertragsrechts im BGB sollte die VOB/B nur noch ohne die nach der VOB/B zulässigen Abänderungen vereinbart werden, andernfalls die Gefahr besteht, dass eine Vielzahl von Regelungen der VOB/B aufgrund der Neuregelung des Werkvertragsrechts im BGB von den Gerichten für unwirksam erklärt werden.
Nach § 12 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B müssen Vorbehalte wegen bekannter Mängel oder wegen Vertragsstrafen spätestens zu den in den Nr. 1 und 2 bezeichneten Zeitpunkten geltend gemacht werden.
Besonders gefährlich ist die Regelung in § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B: Danach gilt die Leistung als abgenommen mit Ablauf von 12 Werktagen, entspricht 2 Wochen, nachdem der Auftragnehmer schriftlich mitgeteilt hat, dass seine Leistung fertiggestellt ist.

Der klassische Fall einer Fertigstellungsanzeige ist die Übersendung der Schlussrechnung. Wurde keine vertragliche Vereinbarung dahingehend getroffen, dass die Vertragsstrafe noch bis zur Schlusszahlung geltend gemacht werden kann, muss der Architekt, will er nicht für die Vertragsstrafe haften, seinen Auftraggeber sofort nach Erhalt der Schlussrechnung darauf hinzuweisen, dass er, der Auftraggeber, gegenüber dem Auftragnehmer erklären muss, dass er sich die Geltendmachung der Vertragsstrafe vorbehält.
Wird nicht innerhalb der 2-Wochen-Frist der Vorbehalt erklärt, verliert der Auftraggeber seinen Anspruch auf Vertragsstrafe.

Ebenso gefährlich ist § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B. Darin gilt, so der Auftraggeber die Leistungen oder einen Teil der Leistung in Benutzung genommen hat und weder der Auftraggeber noch der Auftragnehmer eine „förmliche“ Abnahme gefordert haben, die Leistung als abgenommen nach Ablauf von 6 (!) Werktagen, d.h. einer Woche nach Beginn der Benutzung. Dabei ist allerdings zu beachten, dass diese Bestimmung dann und nur dann greift, wenn der Auftraggeber die Werkleistung oder einen Teil der Werkleistung tatsächlich benutzt, benutzen kann. Nach der ausdrücklichen Regelung in § 12 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 VOB/B gilt die Benutzung von Teilen einer baulichen Anlage zur Weiterführung der Arbeiten nicht als Abnahme.

Dies bedeutet im Ergebnis, dass diese Regelung nur dann greift, wenn nach der Fertigstellung der Leistung der Bauherrn bzw. dessen Erwerber das Bauwerk vertragsgemäß nutzen können.
Die Entscheidung des Kammergerichts Berlin zeigt erneut auf, welchem Haftungsrisiko Architekten ausgesetzt sind, insbesondere wenn es um rechtliche Themen, die das Baugeschehen betreffen, geht.

Es ist aus der Sicht des Verfassers unverzichtbar, dass sich die Architekten mit der VOB/B befassen, mit dem neuen Werkvertragsrecht des BGB, wollen sie nicht für Beratungsfehler haften, die auf fehlender Rechtskenntnis beruhen.