Bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes bestand Unsicherheit, ob dem Verbraucher, der einen Werkvertrag, Bauvertrag abschließt, grundsätzlich ein Widerrufsrecht zusteht mit der Folge, dass er vom Unternehmer über sein Widerrufsrecht belehrt werden muss, und der Verbraucher grundsätzlich zwei Wochen Zeit hatte, um einen mit dem Unternehmer abgeschlossenen Vertrag zu widerrufen.
Die Frage war, ob § 312 g Abs. 1 Nr. 1 BGB einschlägig ist, wonach kein Widerrufsrecht besteht bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind.
Diese Frage hat der BGH mindestens für den Bereich des privaten Baurechts, nunmehr entschieden. Bauwerksunternehmer, die Bauleistungen erbringen, müssen die entsprechenden Verbraucherschutzvorschriften beachten. Urteil des BGH vom 30.08.2018, VII ZR 243/17

In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte der Eigentümer eines Einfamilienhauses die Absicht, einen Personenlift in seinem Wohnhaus zu installieren.
Mit dem Vertreter der Auftraggeberin wurde in der Wohnung des Verbrauchers ein Vertrag über die Bestellung eines Senkrechtlifts abgeschlossen. Dieser Senkrechtlift, dessen Bestandteile mussten speziell für die örtliche Situation hergestellt werden.
Sie sollten, nachdem der Verbraucher Vorarbeiten durchführen lassen musste, die erforderlich waren, um den Lift aufstellen zu können, montiert werden.
Der Bundesgerichtshof hat die Vereinbarung als Werkvertrag nach § 631 BGB bewertet und die Regelung in § 312 g Abs. 2 Nr. 1 BGB dahingehend ausgelegt, dass er sich ausschließlich auf Kaufverträge bezieht, für Werkverträge jedoch keine Gültigkeit hat.
Dies bedeutet, dass bei Abschluss von Werkverträgen mit einem Verbraucher die Verbraucherschutzbestimmungen zu beachten sind. Die Verbraucherschutzbestimmungen greifen dann ein, wenn
- der (Bau-)Werkvertrag bei gleichzeitiger Anwesenheit von Auftraggeber und
Auftragnehmer nicht in den Geschäftsräumen des Auftragnehmers abgeschlossen wird oder
- der Auftraggeber ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines entsprechenden (Bau-)Werkvertrages außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers abgibt, oder
- der Vertrag als so genannter Fernabsatzvertrag geschossen worden ist, d. h. unter Verwendung von Briefen, Telefongesprächen, Telekopien, E-Mails, selbst SMS.
Letzteres gilt nur für solche Unternehmen, die ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem haben.
Nachdem es sich um eine Verbraucherschutzregelung handelt, ist diese weit auszulegen.
Es sollte daher auch bei derartigen Verträgen, so genannten Fernabsatzverträgen darauf geachtet werden, dass die Verbraucherschutzbestimmungen eingehalten werden.
Dies bedeutet, dass der Unternehmer den Verbraucher über das diesem zustehende Widerrufsrecht unterrichten muss, wobei es Sinn macht, das entsprechende Muster gemäß Artikel 246 des Einführungsgesetzes zum BGB zu verwenden wegen des dem Verbraucher zustehenden zweiwöchigen Widerrufsrechts.
Die Widerrufsfrist beginnt mit dem Abschluss des Vertrages zu laufen. Vor Ablauf der Widerrufsmöglichkeit sollte der Unternehmer mit den Arbeiten nicht beginnen.
Der Unternehmer kann allerdings sofort mit den Arbeiten beginnen, wenn der Verbraucher dem sofortigen Beginn der Arbeiten ausdrücklich zustimmt, und vom Unternehmer darauf hingewiesen worden ist, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert.
Wie sich die Rechtsprechung des BGH für die Praxis auswirken wird, bleibt abzuwarten.
Jedenfalls sind die Unternehmer gut beraten, sich mit den Verbraucherschutzregelungen zu befassen.
Versäumen sie es beispielsweise, den Verbraucher über sein Widerrufsrecht zu unterrichten, führt dies dazu, dass dem Unternehmer keinerlei Vergütungsanspruch zusteht für bereits erbrachte Leistungen, er darüber hinaus verpflichtet ist, dem Verbraucher die von diesem bereits geleisteten Zahlungen zurückzubezahlen.
Fehlt es an der Belehrung über die Möglichkeit, den Vertrag zu widerrufen, hat dies zur Folge, dass der Verbraucher den Vertrag noch ein Jahr und zwei Wochen nach Vertragsabschluss widerrufen kann.
Abschließend noch folgender Hinweis: In den Fällen, in denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen, bedarf es keiner Belehrung, da in diesen Fällen dem Verbraucher kein Widerrufsrecht zusteht, vergleiche § 312 g Abs. 2 Nr. 11 BGB. Allerdings gilt diese Ausnahme nur für dringende Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten, die keinen Aufschub dulden. Wenn der Unternehmer vor Ort weitere Dienstleistungen ausführen will, die zwar nicht zu den dringenden Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten gehören, und die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder hinsichtlich solcher bei dem Besuch gelieferten Waren, die bei Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden, bleibt es bei der gesetzlichen Regelung: Der Unternehmer muss in diesen Fällen den Verbraucher über sein Widerrufsrecht belehren, und darf nur dann die entsprechenden Arbeiten durchführen, die entsprechenden Waren übergeben, wenn zuvor der Verbraucher ausdrücklich und nachweisbar erklärt hat, dass er mit der sofortigen Übergabe der Waren bzw. der sofortigen Ausführung der Werkleistung einverstanden ist, dieser zustimmt, wobei der Verbraucher darauf hingewiesen werden muss, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert.

Fazit:

Durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ergibt sich für die Praxis die zwingende Notwendigkeit, sich über die Verbraucherschutzbestimmungen genau zu unterrichten und diese zu beachten, will der Unternehmer nicht Gefahr laufen, dass er (Bau-)Werkleistungen erbringt, für die er keine Vergütung erhält.