Weit verbreitet ist in Unternehmerkreisen die Auffassung, dass eine mangelfreie Werkleistung dann vorliegt, wenn der Unternehmer die zum Zeitpunkt der Abnahme der Leistung geltenden anerkannten Regeln der Technik beachtet hat, und die Herstellervorschriften, so deren Einhaltung erforderlich ist, damit ein mangelfreies Werk entsteht, darüber hinaus die sich aus dem Bauvertrag ergebenden technischen Vorgaben.
Es ist offensichtlich, dass vielen Unternehmern wie auch den Auftraggebern, Bauherrn die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht bekannt ist, wonach ein Werk auch dann mangelhaft sein kann, wenn der Auftragnehmer die für den maßgeblichen Zeitpunkt anerkannten Regeln der Technik eingehalten hat, auf Herstellerangaben vertraut hat.

In den beiden maßgeblichen Urteilen des BGH vom 09.07.2002, X ZR 242/99 und VII ZR 147/04 hatte der Auftragnehmer – es handelte sich in beiden Fällen um Fensterbauunternehmen – die zum Zeitpunkt der Abnahme der Werkleistung geltenden anerkannten Regeln der Technik, die Herstellervorgaben beachtet.
Und trotzdem kam es zur Mangelhaftigkeit.
Der Unternehmer hat sich damit verteidigt, eine Mangelhaftigkeit liege nicht vor, schließlich habe er die anerkannten Regeln der Technik, die Herstellervorschriften beachtet.

Hierzu hat der BGH ausgeführt:
„Inwieweit ein Mangel des Werks vorliegt, hängt nicht davon ab, ob der Unternehmer auf Grund der ihm zugänglichen fachlichen Informationen darauf vertrauen konnte, dass die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit durch seine Leistung erfüllt wird.
Die davon abweichende Leistung des Unternehmers ist auch dann mangelhaft, wenn ihn kein Verschulden trifft, etwa, weil die Ausführung den für diese Zeit anerkannten Regeln der Technik entspricht, oder weil er nach allgemeinem Fachwissen auf Herstellerangaben und sonstigen Informationen vertrauen konnte.“
(vergleiche Urteil vom 10.11.2005, Rn. 11)

Diese Rechtsprechung hat für die Unternehmer die Konsequenz, sich ständig kundig zu machen, ob beispielsweise in Fachzeitschriften Zweifel geäußert werden an der Richtigkeit von anerkannten Regeln der Technik, insbesondere an der Richtigkeit von DIN-Normen.
Vollkommen gegen solche Überraschungen schützen kann sich der Unternehmer jedoch nicht.
Er ist zur Mangelbeseitigung verpflichtet.
Ihm kann gegen seinen Auftraggeber unter dem Gesichtspunkt der Sowiesokosten ein Anspruch zustehen, wenn im Zuge der Mangelbeseitigung Maßnahmen erforderlich sind, Materialien verwendet werden müssen, die höhere Kosten verursachen als diejenigen für die von ihm vertragsgemäß erbrachte Leistung.
Hat der Unternehmer auf der Grundlage eines von einem Architekten bzw. Sonderfachmanns erstellten Leistungsverzeichnisse sein Arbeiten erbracht, auf der Basis entsprechender Planungen, ändert dies zwar im Ergebnis nichts an seiner Haftung, so sich herausstellen sollte, dass trotz der Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik die Leistung mangelhaft ist, er nachbessern muss.
Allerdings kann der Unternehmer in diesen Fällen seinem Auftraggeber ein Mitverschulden entgegenhalten, da sein Auftraggeber/Bauherr für die fehlerhafte Planung des Architekten/Sonderfachmanns einzustehen hat.
In diesen Fällen kann dies dazu führen, dass das Mitverschulden des Auftraggebers, dessen Architekten, dessen Sonderfachmann ein etwaiges Verschulden des Auftragnehmers deutlich übersteigt mit der Folge, dass dem Auftraggeber kein Anspruch auf Nacherfüllung zusteht.
Er kann sich in derartigen Fällen bei seinem Architekten, bei den von ihm eingeschalteten Sonderfachleuten regressieren.