Immer wieder ist festzustellen, dass selbst Gerichte überhöhte, nicht gerechtfertigte Anforderungen stellen an den Inhalt einer Mängelrüge, weiterhin an die Auswirkung einer ordnungsgemäßen Mängelrüge falsch einschätzen. Dass dieses Thema noch immer den Bundesgerichtshof, den für Baurecht zuständigen VII. Zivilsenat beschäftigt, zeigt, dass insoweit Aufklärungsbedarf besteht.
Um was ging es im Urteil des BGH vom 04.11.2020, VII ZR 261/18?
Nach den Entscheidungsgründen hatte eine Wohnungseigentümergemeinschaft, nachdem sie die Ansprüche der Erwerber an sich gezogen hatte, Klage gegen den Bauträger erhoben und unter anderem beantragt, diesen zu verurteilen, folgende Mängel zu beseitigen:
„Falsches Gefälle der Blechabdeckung
Unzureichender Überstand der Dachrandverblechung“?
Das Oberlandesgericht München hat die Klage insoweit abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der entsprechende Sachvortrag der WEG sei nicht ausreichend substantiiert gewesen.
Die WEG habe nicht dargelegt,
- welcher Art das Gefälle sei, welches Gefälle gegeben sein müsste,
- wo in den 5 zur Überprüfung gestellten Gebäuden sich Durchfeuchtungen in Folge der
Brüstungsbleche mit falschem Gefälle befänden.
Weiterhin hat das Oberlandesgericht Ausführungen vermisst, in welcher Weise die Blechrandverblechung mangelhaft sein solle, ob eine Abweichung von der vertraglichen Sollbeschaffenheit, etwa den anerkannten Regeln der Technik, vorliegen würde.
Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen und zwar ohne Einholung des von der WEG beantragten Sachverständigengutachtens.
Hiergegen hat die WEG, sachkundig beraten, Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erhoben.
Die Beschwerde war erfolgreich.
Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung dem OLG München, dem Bausenat nochmals dargelegt, welcher Art ein ausreichender Vortrag in Bezug auf Mängel sein muss.
Danach, so der BGH zum wiederholten Male, genügt es im Rahmen der Rüge von Mängeln, wenn der Auftraggeber ein hinreichend bestimmtes Mangelbeseitigungsverlangen formuliert, wobei es ausreicht, wenn er, so der BGH, die Erscheinungen, die er auf vertragswidrige Abweichungen zurückführt, hinlänglich deutlich beschreibt. Er ist, so der Bundesgerichtshof zum wiederholten Male, nicht gehalten, die Mängelursachen im Einzelnen zu beschreiben.
Der BGH bezeichnet seine Rechtsprechung als „Symptomtheorie“, was lediglich bedeutet, dass der Auftraggeber nur das rügen muss, was er sehen, riechen, fühlen kann, und was nach seiner Auffassung einen Mangel darstellt.
Nicht aber ist er gehalten, eine Begründung dafür zu liefern, weshalb er der Auffassung ist, es läge ein Mangel vor.
Der BGH hat daher das Urteil des OLG München insoweit aufgehoben und den Rechtsstreit an das OLG München zurückverwiesen mit der Vorgabe, die von der WEG angebotenen Sachverständigengutachten einzuholen.