Nach § 312 b Abs. 1 Nr. 1 BGB liegt ein außerhalb von Geschäftsräumen des Unternehmers geschlossener Vertrag dann vor, wenn er bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen wird, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. Liegt ein solcher Vertrag vor, steht dem Käufer gemäß § 356 BGB ein Widerrufsrecht zu.
Versäumt es der Unternehmer, den Verbraucher auf sein Widerrufsrecht hinzuweisen, kann dieser den Vertrag innerhalb von einem Jahr und zwei Wochen widerrufen.
Die Folgen für den Unternehmer sind schmerzhaft: Er verliert nicht nur seinen restlichen Zahlungsanspruch gegen den Verbraucher, seinen restlichen Werklohnanspruch, sondern er muss dem Verbraucher auch den von diesem bereits bezahlten Werklohn zurückbezahlen, vgl. § 355 Abs. 3 BGB. Es besteht Streit, wann ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag vorliegt.
Der Bundesgerichtshof, der für das private Baurecht zuständige VII. Zivilsenat hat durch sein Urteil vom 06.07.2023, VII ZR 151/22 dahingehend entschieden, dass § 312 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB nur dann vorliegt, wenn der Vertrag vollständig außerhalb des Geschäftsraums des Unternehmers geschlossen wird, d.h. wenn sowohl das Angebot, das zum Vertragsabschluss führt außerhalb des Geschäftsraums abgegeben wird, als auch die Annahme des Angebots, wodurch der Vertrag erst zustande kommt.
Im vom BGH entschiedenen Fall hatte ein Dachdecker, der mit der Erneuerung von Dachrinnen und mit Abdichtungsarbeiten im Eingangsbereich beauftragt worden war, telefonisch seinem Auftraggeber mitgeteilt, dass eine weitere Leistung erforderlich sei, der Wandabschluss des Daches defekt sei.
Er erklärte seinem Auftragnehmer, dass es Sinn machen würde, diese Arbeiten im Zusammenhang mit den bereits beauftragten Arbeiten auszuführen, da auch für diese Arbeiten ein Gerüst benötigt werden würde.
Es könne nach einer kurzfristigen Entscheidung des Auftraggebers das vorhandene Gerüst genutzt werden. Der Auftragnehmer teilte dem Auftraggeber bei diesem Telefongespräch die ungefähre Größenordnung der für diese Arbeiten anfallenden Vergütung sowie die voraussichtliche Dauer der Arbeiten mit.
Eine sofortige Beauftragung des Auftragnehmers durch den Auftraggeber erfolgte nicht.
Vielmehr, davon war der BGH im Rahmen des Revisionsverfahrens ausgegangen, hatte der Auftraggeber den Auftragnehmer persönlich auf der Baustelle mit den Arbeiten beauftragt, d. h. das telefonische Angebot angenommen.
Dies, so der BGH, erfülle nicht den Tatbestand des § 312 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB: „Hierfür ist erforderlich, dass sowohl das Angebot als auch die Annahme bei gleichzeitiger Anwesenheit des Vertragspartners erklärt wird.“
Aber Vorsicht: Nur dann, wenn das Angebot ohne Änderung angenommen wird, kommt vor Ort ein Vertrag zustande.
Wird das Angebot vor Ort abgeändert, bedeutet dies die Ablehnung des Angebots, und ein neues Angebot.
Wenn sich die Parteien, Auftragnehmer und Auftraggeber dann vor Ort einigen, liegt ein Fall des § 312 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB vor!
Gerade bei Bauwerksleistungen wird eine Vielzahl von schriftlichen Angeboten des Unternehmers bei einem Termin vor Ort nur in abgeänderter Form vom Auftraggeber angenommen.
In all diesen Fällen handelt es sich um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag, sollte der Auftraggeber eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung dem Auftraggeber zuleiten, und mit den Arbeiten nicht beginnen vor dem Ablauf der Widerrufsfrist von 14 Tagen.
Aus dem Urteil des BGH ergibt sich im Übrigen, dass es dem Auftragnehmer darum ging, eine Bauwerksleistung kostenlos zu erhalten: Wie sich aus der Entscheidung des BGH ergibt, hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer im Zuge des Widerrufs einen Flyer überreicht, „…der mit „der Handwerker-Widerruf-Schützen Sie sich vor unseriösen Handwerkern“ überschrieben war und erklärt, dass er daraus ein neues Geschäftsmodell entwickelt habe.
Dies bedeutet, dass Auftragnehmer, wenn sie sich vor finanziellen Nachteilen schützen wollen, diese Bestimmung nach § 312 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB im Hinterkopf behalten müssen, wenn Aufträge außerhalb ihrer Geschäftsräume, vor Ort, zu einem Vertrag führen.
In Zweifelsfällen sollte der Auftraggeber in der vom Gesetz vorgegebenen Art und Weise über seinen Widerrufsrecht belehrt werden.