Im Zusammenhang mit Mängeln des Bauwerks, die mehrere Jahre nach der Abnahme einer Bauwerkleistung erkennbar geworden und gegenüber dem Auftragnehmer gerügt worden sind, hat dieser in nicht wenigen Fällen sich darauf berufen, der Auftraggeber müsse unter dem Gesichtspunkt „neu für alt“ sich an den Kosten, die durch die Mangelbeseitigung entstehen, beteiligen, da durch die Mangelbeseitigung sich die Lebensdauer der mangelhaften Leistungen verlängern werde. Dies war von besonderer Bedeutung bei solchen Mängeln, deren Verjährung, aus welchen Gründen auch immer, gehemmt bzw. unterbrochen war, und die nach 10 und mehr Jahren erst festgestellt worden sind. Der Auftraggeber war in derartigen Fällen unter Umständen gezwungen, sich in nicht unerheblichem Umfang an den Nacherfüllungsleistungen zu beteiligen. Teilweise hat dies dazu geführt, dass zwar der Auftragnehmer zweifellos einen Mangel verursacht hat, jedoch sich für ihn hieraus kein Nachteil ergeben hat, da nach Auffassung des Gerichts unter dem Aspekt „neu für alt“ kein Anspruch auf für den Auftraggeber kostenlose Nacherfüllung mehr gegeben war.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit einem Abzug „neu für alt“ bei Mangelbeseitigungsarbeiten ging bisher dahin, dass in den Fällen von einer durch die Nacherfüllungsleistung deutlich verlängerten Nutzungsdauer darüber zu reden darüber sei, ob ein Abzug „neu für alt“ in Frage komme, wenn sich der Mangel verhältnismäßig spät ausgewirkt habe, und der Auftraggeber bis dahin keine spürbaren Gebrauchsnachteile habe hinnehmen müssen. Das Thema eines Abzugs „neu für alt“ ergab sich auch im Zusammenhang mit dem Kaufrecht. Der für das Kaufrecht zuständige V. Zivilsenat hat in seinem Urteil vom 13.05.2022, V ZR 213/22 ausgeführt, dass ein Abzug „neu für alt“ dann nicht in Frage kommt, wenn: „...sich der Vorteil des Käufers darin erschöpft, dass die Kaufsache durch den zur
Mangelbeseitigung erforderlichen Ersatz eines mangelhaften Teils durch ein neues Teil einen Wertzuwachs erfährt oder dass der Käufer durch die längere Lebensdauer des ersetzen Teils Aufwendungen erspart.“ Mit anderen Worten: Alleine dadurch, dass der Verkäufer verpflichtet ist, die Kaufsache so nachzubessern, einen Mangel zu beseitigen, kann er gegenüber dem Käufer keinen Abzug vornehmen wegen des Grundsatzes „neu für alt“. Begründet hat der V. Zivilsenat seine Rechtsprechung damit, dass der zur Nachbesserung verpflichtete Verkäufer lediglich seinen vertraglichen Pflichten nachkomme, wofür er einen keinen Ausgleich verlangen könne. Zudem, so der V. Zivilsenat, stünde ein Abzug „neu für alt“ im Widerspruch zur so genannten Verbrauchsgüterkauf-RL, nach der vorgegeben ist, dass die Nacherfüllung für den Käufer kostenlos sein müsse. Das OLG Stuttgart hat sich in seinem Urteil vom 25.03.2024, 10 U 13/23 dieser Rechtsauffassung angeschlossen und ausgeführt, dass auch für den Bereich des Werkvertragsrechts nichts anderes gelten könne als für den Bereich des Kaufrechts. Dies bedeutet, unabhängig von der Frage, ob sich die im Zuge der Nacherfüllung zu erbringenden Leistungen des Auftragnehmers günstig für den Auftraggeber auswirken, etwa dadurch, dass die Leistung eine längere Nutzungsdauer erhält, der Auftragnehmer vom Auftraggeber keine Beteiligung an den Nacherfüllungskosten, am Nacherfüllungsaufwand fordern kann. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Revision zum BGH zugelassen. Es ist zu hoffen, dass der VII. Zivilsenat des BGH, zu dem die Revision gelangen wird, sich der Auffassung des OLG Stuttgart anschließen wird. Dadurch würden Prozesse, in denen es um Nacherfüllungsarbeiten geht, um den Nacherfüllungsaufwand, nicht unerheblich verschlankt werden, da sich die Prozessparteien und die Gerichte nicht mehr mit dem leidigen Thema, ob ein Abzug „neu für alt“ gegeben ist, befassen müssten.