Wird der Inhaber eines Internetanschlusses aufgrund einer von seinem Anschluss begangenen Urheberrechtsverletzung abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie der Bezahlung der Anwaltsgebühren aufgefordert, kann zur Abwehr dieser Ansprüche die Zugriffsmöglichkeit anderer Familienmitglieder auf den Internetanschluss ausreichen. Dies entschied der Bundesgerichtshof in einem jüngst veröffentlichten Urteil (Urteil vom 6. Oktober 2016 – Az. I ZR 154/15).
Welcher Sachverhalt lag dem Urteil zugrunde?
Der Bundesgerichtshof hatte einen Fall zu entscheiden, in dem sich der Inhaber eines Internetanschlusses gegen eine Abmahnung wegen einer angeblich von ihm begangenen Urheberrechtsverletzung mittels Filesharings (also dem illegalen Anbieten oder Herunterladen von urheberrechtlich geschützten Werken wie z.B. Film- oder Musikdateien über eine Tauschbörsen-Software) zur Wehr setzte.
Der Beklagte behauptete, er habe die Urheberrechtsverletzung nicht begangen. Er trug vor, dass auch seine Ehefrau Zugang zu dem Internetanschluss über einen eigenen Computer zum Zeitpunkt des Verstoßes hatte und das WLAN-Netz schlecht gesichert gewesen sei, sodass auch fremde Personen von außen auf das Netzwerk hätten zugreifen und die Urheberrechtsverletzung begehen können. Nähere Einzelheiten zur Art der Internetnutzung durch seine Ehefrau machte der Beklagte nicht.
Die Klägerin vertrat den Standpunkt, dass es nicht ausreiche, wenn der Beklagte lediglich vorträgt, dass auch seine Ehefrau Zugriff auf den Internetanschluss hatte. Er müsse vielmehr konkret nachforschen und dem Gericht mitteilen, ob sich auf dem Computer der Ehefrau Filesharing-Software befindet und ob seine Ehefrau zum Zeitpunkt des Verstoßes tatsächlich den Internetanschluss genutzt hat. Sofern der Beklagte dieser Auskunftspflicht nicht nachkomme, sei er als Inhaber des Internetanschlusses für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich.
Wie entschied der Bundesgerichtshof?
Dieser Rechtsauffassung der Klägerin erteilte der Bundesgerichtshof eine klare Absage.
Die Richter urteilten, dass der Beklagte nicht verpflichtet sei, den Computer seiner Ehefrau auf die Existenz von Filesharing-Software zu durchsuchen. Eine solche Auskunftsverpflichtung des Beklagten, die das Verhalten seiner Ehefrau oder seiner Kinder betreffen und diese dem Risiko einer zivil- oder strafrechtlichen Inanspruchnahme aussetzen, verstoße gegen Art. 6 des Grundgesetzes, der den Schutz von Ehe- und Familie garantiert. Ebenso sei hierdurch Art. 14 des Grundgesetzes, der die Eigentumsfreiheit regelt, berührt, da der Beklagte hierzu in das Eigentum seiner Ehefrau hätte eingreifen müssen.
Nach Auffassung des Gerichts reiche es aus, wenn der Beklagte vorträgt, dass seine Ehefrau Zugang zum Internetanschluss gehabt habe. Den Beweis, ob die Ehefrau den Urheberrechtsverstoß tatsächlich begangen habe, müsse die Klägerin erbringen. Dem Beklagten könne lediglich abverlangt werden, mitzuteilen, ob sich auf dem von ihm genutzten Computer Filesharing-Software befindet. Da der Klägerin die Führung dieses Beweises freilich nicht gelang, blieb die Klage ohne Erfolg.
Fazit
Haben auch der Ehegatte oder die Kinder Zugang zum Internetanschluss kann in den meisten Fällen erfolgreich gegen eine Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung vorgegangen werden, wenn der Anschlussinhaber den Verstoß nicht begangen hat.
Befinden sich allerdings minderjährige Kinder im Haushalt, so sollten diese vorsorglich belehrt werden, dass sie keine illegalen Tauschbörsen benutzen dürfen. Andernfalls können die Eltern wegen der Verletzung ihrer Aufsichtspflicht für einen Urheberrechtsverstoß ihrer minderjährigen Kinder haften.