Immobilienwirtschaft, Ausgabe 12/2012, Seiten 42+43

Folgender Sachverhalt kommt häufig vor: Der Mieter befindet sich beispielsweise mit den Mietzahlungen für die Monate März und Mai in Verzug. Eine fristlose außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wäre somit möglich und wirksam. Der Vermieter beauftragt deshalb am 10. Mai einen Rechtsanwalt mit dem Ausspruch der Kündigung.

Am 12. Mai will der Rechtsanwalt die Kündigung versenden. Bevor jedoch die Kündigung in den Postausgang gelangt, teilt der Vermieter seinem Rechtsanwalt mit, dass am 11. Mai die März-Miete auf seinem Konto gutgeschrieben wurde und jetzt nur noch die Mai-Miete offen steht.
In der Praxis passiert nun häufig folgendes: Der Rechtsanwalt weist den Vermieter darauf hin, dass die Voraussetzungen für eine Kündigung jetzt nicht mehr vorliegen und man abwarten muss, ob der Mieter erneut mit zwei Mieten in Verzug gerät. Weiter wird der Vermieter vom Rechtsanwalt aufgefordert, sofort nach Fälligkeit der nächsten Miete sein Konto auf Zahlungseingänge hin zu prüfen und, sollte eine Zahlung nicht erfolgt sein, dem Rechtsanwalt dies umgehend mitzuteilen, damit dieser erneut quasi im „Wettlauf" mit dem Mieter versuchen kann, diesem eine Kündigung zukommen zu lassen, bevor wieder eine Teilzahlung erfolgt und alles zunichte macht.
Der Mieter scheint damit die Möglichkeit zu haben, eine Kündigung „aufzuschieben", wenn er die Rückstände zwar nicht vollständig, aber zumindest teilweise ausgleicht, damit er nicht mehr mit zwei vollen Bruttowarmmieten in Verzug ist.
Dem ist jedoch gerade nicht so!

Die Voraussetzungen für eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs sind in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und Nr. 3 b BGB geregelt. Danach kann der Vermieter von Wohnraum oder Gewerberaum fristlos außerordentlich kündigen, wenn sich der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug befindet (Nr. 3 a) oder wenn der Mieter in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht (Nr. 3 b).
Mit einem „nicht unerheblichen" Teil ist der Mieter in Verzug, wenn der rückständige Teil der Miete die Miete für einen Monat übersteigt. Auszugehen ist immer von der Bruttowarmmiete. Mit Zugang der wirksamen Kündigung beim Mieter ist das Mietverhältnis beendet. Der Wohnraummieter hat nun allerdings noch die Möglichkeit, die Kündigung dadurch unwirksam zu machen, dass er spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der „Rechtshängigkeit" (Tag, an dem dem Mieter die Räumungsklage zugestellt wird) des Räumungsanspruchs den Vermieter vollständig befriedigt oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB).

Was nun in der Praxis meist falsch beurteilt wird, ist der Umstand, dass es nur darauf ankommt, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a oder b BGB einmal erfüllt sind oder nicht.
Befindet sich also der Mieter für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils in Verzug (Nr. 3 a) oder stehen in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, zwei Monatsmieten oder mehr offen (Nr. 3 b), kann der Vermieter auch dann noch fristlos außerordentlich kündigen, wenn der Mieter vor Zugang der Kündigung einen Teil des Rückstands ausgleicht.
Der Bundesgerichtshof hat bereits 1970 entschieden, dass „nach allgemeiner Auffassung" das gesetzliche Kündigungsrecht wegen Zahlungsverzugs nur bei rechtzeitiger völliger Befriedigung des Vermieters entfalle (Urteil vom 14.07.1970, Az: VIII ZR 12/69).
Zuletzt hat das Kammergericht Berlin 2008 entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs festgehalten, dass ein einmal entstandenes Kündigungsrecht auch dann erhalten bleibe, wenn sich der Rückstand in der Folgezeit reduziert. Es sei nicht erforderlich, dass noch zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein Rückstand im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a oder b BGB besteht.

Fazit:

Ausgehend von dem vorstehend angeführten Beispielsfall kann der Rechtsanwalt für den Vermieter trotz des Umstandes, dass der Mieter vor Zugang einer Kündigung einen Teil des Rückstandes ausgeglichen hat, diesem wegen Zahlungsverzugs wirksam fristlos außerordentlich kündigen.

Ergänzend ist auf § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB zu verweisen, wo geregelt ist, dass eine Kündigung nur dann ausgeschlossen ist, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird; das heißt, eine Kündigung wegen Zahlungsverzug ist nur dann nicht mehr möglich, wenn der Mieter vor Zugang der fristlosen außerordentlichen Kündigung die gesamten Mietrückstände ausgeglichen hat.