Der Deutsche Bundestag hat am 17.12.2020 ein Gesetz u. a. zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Miet- und Pachtrecht beschlossen.
Nunmehr können staatlich angeordnete Schließungen von Geschäften, Gastronomie -betrieben, Dienstleistungsbetrieben im Bereich der Körperpflege usw. zu einer Anpassung eines Mietvertrages oder Pachtvertrages wegen „Störung der Geschäftsgrundlage“ führen.
Der Gesetzgeber hat nunmehr beschlossen, dem Art. 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch einen § 7 anzufügen, der folgenden Inhalt hat:
„Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen
(1) Sind vermietete Grundstücke oder Vermieter der Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID – 19 - Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insbesondere ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrages geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.
(2) Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.“
§ 313 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs lautet wie folgt:
„Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.“
Die ersten Betriebsuntersagungen im März bzw. April 2020 nahmen verschiedene Mieter zum Anlass, die vertraglich geschuldeten Mieten nicht zu bezahlen. Dies wiederum nahmen verschiedene Vermieter zum Anlass, insoweit gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und die offenen Mieten klagweise geltend zu machen.
In diesen Verfahren ging es auch immer um die Frage, ob eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt mit der Folge, dass ein Mieter von der Mietzahlungspflicht gänzlich befreit war oder nur eine anteilige Miete hätte leisten müssen.
Höchstrichterlich wurde dieser Sachverhalt noch nicht geklärt. Es gibt jedoch mehrere Urteile von Landgerichten, die überwiegend zu dem Ergebnis gekommen sind, dass eine Störung der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht kommt.
Nur das Landgericht München I und das Landgericht Mönchengladbach haben bislang einschlägige Verfahren zum Anlass genommen, über die Störung der Geschäftsgrundlage die Mietzahlungspflicht des Mieters zu reduzieren.
Aufgrund der neuen Regelung in § 7 von Art. 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch hat der Gesetzgeber nunmehr ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet, die Anpassung eines Mietvertrages oder Pachtvertrages über die Störung der Geschäftsgrundlage geltend zu machen.
Für die Praxis hat dies zur Folge, dass ein Mieter eine Vertragsanpassung dahingehend vom Vermieter verlangen kann, dass er während einer staatlich angeordneten Schließung seines Geschäfts oder Betriebs keine oder aber nur eine reduzierte Miete leisten muss.
Tatsache ist aber auch, dass immer nur eine Vertragsanpassung im angemessenen Umfang begehrt werden kann. Und dies wiederum hängt immer vom jeweiligen Einzelfall ab.
Hierbei spielt auch eine Rolle, wie stark sich die staatlichen Beschränkungen auf den Betrieb des jeweiligen Mieters auswirken.
Dies alles kann nicht generalisiert werden.
Ergänzend ist noch auf die Gesetzesbegründung (Drucksache 19/25322) hinzuweisen, in der es wörtlich lautet:
„Um die in der Praxis teilweise bestehenden Unsicherheiten zu beseitigen und die Verhandlungsposition der Gewerbemieter zu stärken, ist jedoch eine Regelung erforderlich, die klarstellt, dass § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) grundsätzlich Anwendung findet, und die damit an die Verhandlungsbereitschaft der Vertragsparteien appelliert.“
Spannend bleibt, wie die Gerichte über § 313 BGB die Mietverträge und Pachtverträge anpassen werden.
Nicht einfacher wird auch die anwaltliche Beratung. Denn es kann schlichtweg nicht eingeschätzt werden, wie ein Gericht einen vorgetragenen Sachverhalt - im Gegensatz zum Vermieter oder Mieter - einschätzt und bewertet.
Darüber hinaus hat der Bundestag noch einen neuen § 44 EGZPO eingeführt, mit dem ein Vorrang und Beschleunigungsgebot für Mietprozesse im Zusammenhang mit Corona beschlossen wurde.
In Absatz 1 des neu eingeführten § 44 EGZPO ist geregelt, dass Verfahren über die Anpassung der Miete oder Pacht für Grundstücke oder Räume, die keine Wohnräume sind, wegen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID – 19 - Pandemie vorrangig und beschleunigt zu behandeln sind.
Absatz 2 gibt vor, dass in solchen Verfahren ein früher erster Termin bei Gericht spätestens einen Monat nach Zustellung der Klageschrift stattfinden soll.
Abzuwarten bleibt, inwieweit die Gerichte überhaupt in der Lage dazu sind, so früh zu terminieren.