Eine Änderung von vertragswesentlichen Vereinbarungen ist nur dann gemäß § 550 S. 1 BGB schriftformbedürftig, wenn sie für einen ein Jahr übersteigenden Zeitraum Geltung beansprucht (Bundesgerichtshof, Beschl. vom 15.09.2021, XII ZR 60/20)

Zum Thema „Schriftform“ gibt es unzählige Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und der Instanzgerichte.
Immer geht es um das Thema, ob ein – vermeintlich - befristetes Mietverhältnis vorzeitig gekündigt werden kann. Denn die Folge der fehlenden Schriftform ist nicht die Unwirksamkeit oder Nichtigkeit eines Mietvertrages, sondern die Möglichkeit für beide Vertragsparteien, das Mietverhältnis fristgerecht ordentlich unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist (§ 580 a Abs. 2 BGB) zu kündigen.
Die Konsequenz ist mithin im Bereich der Gewerberaummiete, dass die Vertragsparteien darauf achten müssen, dass die gesetzliche Schriftform gemäß § 550 BGB in Verbindung mit § 578 BGB immer gewahrt ist.

Wie schon so oft, weist der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 15.09.2021 darauf hin, dass die Vorschrift des § 550 BGB den Erwerber eines Grundstücks davor schützen soll, bei Eintritt in einen Mietvertrag, dessen Bedingungen er mangels Schriftlichkeit nicht zuverlässig erkennen kann, an die vertraglichen Regelungen länger als ein Jahr gebunden zu sein. Daneben diene, so weiter der Bundesgerichtshof, § 550 BGB nach ständiger Rechtsprechung des Senats dazu, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien zu gewährleisten und diese vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen.

Festgehalten hat dann der Bundesgerichtshof, dass eine Änderung von vertrags- wesentlichen Vereinbarungen (beispielsweise bezüglich der Miethöhe) nur dann gemäß § 550 S. 1 BGB schriftformbedürftig sei, wenn die Änderung für einen ein Jahr übersteigenden Zeitraum Geltung beansprucht.
Ist dies der Fall, müssen die Vertragsparteien zur Wahrung der gesetzlichen Schriftform einen Nachtrag zum Mietvertrag abschließen.
Wird beispielsweise nur für einen Zeitraum von 6 Monaten eine Mietreduzierung vereinbart, bedarf es nach dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs keines Nachtrags.

Ausgehend von dem sogenannten Schutzzweck der Norm (mithin der Regelung in § 550 BGB) soll ja insbesondere der Erwerber einer Immobilie geschützt werden, der nach dem bekannten Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ mit seiner Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch auf Vermieterseite in das Mietverhältnis eintritt.
Wenn man sich deshalb in der Praxis die Frage stellt, ob man für einen bestimmten Sachverhalt aus Gründen der gesetzlichen Schriftform einen Nachtrag zum Mietvertrag benötigt oder nicht, sollte man sich immer die Frage stellen, ob das, was zwischen den Vertragsparteien jetzt neu und mithin abweichend zu den bisherigen vertraglichen Regelungen vereinbart werden soll, einen potentiellen Erwerber einer Immobilie tangiert (dann Nachtrag) oder nicht.

Ist diese Frage nicht eindeutig zu beantworten kommt der Grundsatz zur Anwendung:
Im Zweifel immer einen Nachtrag abschließen, um die gesetzliche Schriftform „nicht aufs Spiel zu setzen“.