Bau- und Architektenrecht

Bis zum 31.12.2017 gab es eine Benachteiligung von Unternehmern, die bei einem Baustoffhändler mangelhafte Materialien gekauft haben, gegenüber einem Verbraucher, der derartige Waren erworben hat. Während der Verbraucher nach einer Entscheidung des EuGH und des BGH gegen die Verkäufer einen Anspruch vollen Ersatz der ihm durch die mangelhafte Ware entstehenden Kosten hatte, stand dem Unternehmer im Ergebnis lediglich ein Anspruch zu auf Lieferung mangelfreier Ware. Diese Ungleichbehandlung hat am 01.01.2018 ein Ende gefunden.

Es entsprach gefestigter Rechtsprechung nicht nur des BGH, sondern auch der Instandsgerichte, dass ein Werkunternehmer eine Leistung schuldet, die zum einen eine etwa vereinbarte Beschaffenheit aufweist, weiterhin den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht, und zwar zum Zeitpunkt der Abnahme.

Problematisch waren und sind die Fälle, in denen sich zwischen Abschluss des Werkvertrags und der Erbringung der Leistung, der Abnahme die allgemein anerkannten Regeln der Technik geändert haben.

Ist die Leistung, die ein Auftragnehmer in derartigen Fällen entsprechend den zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden allgemein anerkannten Regeln der Technik erbracht hatte, grundsätzlich mangelhaft? Welche Auswirkungen hat es auf den Vergütungsanspruch des Auftragnehmers, wenn sich die allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsabschluss und Abnahme ändern, und dadurch geänderte, aufwändigere Arbeiten erforderlich sind, als sie vereinbart worden waren?

Auf diese Fragen gibt der BGH in seinem Urteil vom 14.11.2017 eine Antwort.

Baurecht Aktuell

Zum 01.01.2018 ist das neue Baurecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in Kraft getreten. Die von Bundestag und Bundesrat im März 2017 beschlossene Gesetzesänderung ist die wohl größte Reform des Werkvertragsrechts seit der Einführung des BGB im Jahr 1900. Wer meint, diese tiefgreifende Veränderung ignorieren zu können, täuscht sich mit Sicherheit! Änderungen ergeben sich im Kaufrecht, im allgemeinen Werkvertragsrecht, durch Einführung eines Bauvertragsrechts, des Verbraucherbauvertrags, des Architekten- und Ingenieurvertrags und des Bauträgervertrags. Die Änderungen werden in Folgenden in Kürze zusammengefasst.

Der Bundesgerichtshof hat in 2 Entscheidungen klargestellt, dass in den Fällen, in denen die Parteien eines Werkvertrags eine Schwarzgeldabrede getroffen haben, dies zur Folge hat, dass die Vereinbarung nichtig ist, und als Folge der Nichtigkeit weder der Auftragnehmer vom Auftraggeber restlichen Werklohn fordern kann, noch der Auftraggeber vom Auftragnehmer bereits bezahlten Werklohn zurückfordern kann, der Auftragnehmer nicht verpflichtet ist, Mängel, die seine Werkleistung aufweist, zu beseitigen.

Parteien, die eine solche Schwarzgeldabrede treffen, haben sich jeglicher Rechte gegen die jeweils andere Partei begeben (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 01.08.2013 VII ZR 6/13; BGH, Urteil vom 11.06.2015, VII ZR 216/14).

Trotz der eindeutigen Rechtsprechung des BGH gibt es Zeitgenossen, die der Meinung sind sie könnten die Rechtsprechung des BGH umgehen

Dass nach wie vor Unklarheiten bestehen, wie man Mängel richtig rügt, welche Rechtsfolgen eine ordnungsgemäße Mängelrüge hat, zeigt die Tatsache, dass sich der Bundesgerichtshof im vergangenen Jahr erneut mit der Thematik befassen musste. Dies ist deshalb nur schwer verständlich, weil nach der ständigen Rechtsprechung des BGH an eine ordnungsgemäße Mängelrüge nur sehr geringe Anforderungen gestellt werden.

Es ist seit der Schuldrechtsreform umstritten, ob ein so genannter Besteller, Auftraggeber bereits vor der Abnahme der Werkleistung des Unternehmers, Auftragnehmers berechtigt ist, die so genannten Mängelrechte nach § 34 Nr. 2 bis 4 BGB geltend zu machen. Die Oberlandesgerichte haben unterschiedlich entschieden. Sowohl die Gerichte als auch die Rechtsanwaltschaft hat lange Zeit warten müssen, bis sich der zuständige Bausenat, der VII. Senat, zu dieser Frage geäußert hat.

Wird ein Sachverständiger von den Gerichten mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, ist er gehalten, sich streng an die Beantwortung der Fragen zu halten, die das Gericht ihm gestellt hat, in Ansehung derer es von ihm ein Gutachten erwartet. Der gerichtliche Sachverständige hat daher grundsätzlich rechtlich verordnete „Scheuklappen“ auf. Keine Regel ohne Ausnahme!

Dieses altdeutsche Sprichwort hat rechtliche Bedeutung. Das OLG München hat in seinem Urteil vom 10.08.2016, 20 U 1332/16 ausgeführt, dass eine wirksame Fristsetzung zur Nachbesserung mangelhafter Werkleistungen voraussetzt, dass dem Unternehmer hinreichend Gelegenheit zur Untersuchung der Sache, zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen gegeben wird.

Dies bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass die Nachbesserungsfrist so bemessen sein muss, dass der Auftragnehmer zunächst den behaupteten Mangel untersuchen kann. Der Auftraggeber ist daher gehalten, diesen Umstand bei der Bemessung der dem Unternehmer gesetzten Frist zu berücksichtigen. Versäumt er dies, ist die von ihm gesetzte Frist nicht ausreichend im Sinne des Gesetzes, bedeutet dies allerdings nicht, dass die Fristsetzung rechtlich irrelevant ist.
Vielmehr verlängert sich die unangemessene Frist in eine angemessene Frist.

Das OLG Stuttgart hat in seinem Urteil vom 21.11.2016, 10 U 71/16 eine Frage beantwortet, die viele Auftragnehmer schon beschäftigt hat: Wie verhalte ich mich, wenn ich gegenüber meinem Auftraggeber ordnungsgemäß Bedenken angemeldet habe, darauf hingewiesen habe, dass ich für etwaige Mängel nicht einzustehen habe, die dadurch entstehen, dass meinen Bedenken seitens des Auftraggebers nicht Rechnung getragen wird, und dieser nicht reagiert, schweigt?

Das OLG Stuttgart hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass ein Auftragnehmer, der seinem Auftraggeber gegenüber ordnungsgemäß Bedenken anmeldet, von der Haftung für solche Mängel befreit ist, die deshalb auftreten, weil der Auftraggeber den angemeldeten Bedenken nicht Rechnung getragen hat.
Auch der untätig bleibende Auftraggeber, so das Oberlandesgericht, hat für die sich ergebenden Folgen einzustehen.
Hieraus ergibt sich, dass der Auftragnehmer, so der Auftraggeber auf die Anmeldung von Bedenken nicht reagiert, seine Leistung erbringen kann, ohne befürchten zu müssen, wegen Mängeln in Anspruch genommen zu werden, die darauf zurückzuführen sind, dass der Auftraggeber auf die Anmeldung von Bedenken nicht reagiert hat.
Allerdings kann der Auftragnehmer die Leistung verweigern, wenn er auf Grund seiner Fachkunde davon ausgehen muss, dass es zu entsprechenden Mängeln kommen wird.
Kein Auftragnehmer ist verpflichtet, eine Leistung zu erbringen, die nicht geeignet ist, den geschuldeten Werkerfolg herbeizuführen.

Dauerbrenner: Richtige Geltendmachung von Bedenken (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 03.12.2013, 8 U 32/11, Nichtzulassungsbeschwerde vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen)

Liest man das Urteil des OLG Zweibrücken, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, als ob den maßgeblichen Kreisen, den Bauwerksunternehmern, die Bedeutung der Anmeldung von Bedenken noch immer nicht klar geworden ist.

Um was ging es: Ein größeres Unternehmen, das sich mit Klimatechnik befasst, hat auf der Grundlage eines ihr vom Auftraggeber überlassenen Blankoleistungsverzeichnisses, das ein Architekt erstellt hatte, sowie auf Grund ihr überlassener Pläne eine neue Heizungs- und Lüftungsanlage geplant und angeboten.
Hintergrund des Angebotes war, dass die Eigentümer eines Gebäudes, in dem sich mehrere unterschiedlich genutzte Räumlichkeiten befanden, unter anderem ein Fitness-Studio, ein Lokal, im Zuge einer größeren Nutzungsänderung von ihrem Architekten auf die Notwendigkeit einer entsprechenden leistungsstarken Heizungs- und Lüftungsanlage hingewiesen wurden.
Das erste von der Auftragnehmerin unterbreitete Angebot über 260.072,00 € wurde von den Bauherren nicht angenommen.
Der Auftragnehmer erstellte ein neues Angebot mit einem Pauschal-Werklohn in Höhe von 172.000,00 €.
Dieses Angebot wurde von dem Bauherren angenommen.
Die Auftragnehmerin baute exakt die Anlage ein, wie sie von ihr angeboten worden war.
Die Anlage als solche entsprach in vollem Umfang dem Angebot.
Die Anlage, die raumlufttechnische Anlage war jedoch nicht in der Lage, in den Sommermonaten für erträgliche Raumtemperaturen in den Trainingsräumen des Fitnesscenters zu sorgen.
Der vom Gericht beauftragte Sachverständige hat festgestellt, dass die Anlage als solche zwar der Vereinbarung entspreche, jedoch nicht geeignet sei, die erforderliche Luftqualität in den verschiedenen Räumen zu gewährleisten und damit ein funktionstaugliches Werk herzustellen.
Die Anlage, so der Sachverständige, beruhte auf einem fehlerhaften Konzept.
Das Oberlandesgericht hat den Auftraggebern den mit der Klage geltend gemachten Schadenersatz, der sich an den Kosten für die Herstellung einer ordnungsgemäßen Anlage orientiert hat, zugesprochen. Die vom Auftragnehmer geplante und erstellte lüftungstechnische Anlage sei mangelhaft, da der Auftraggeber als vom Auftragnehmer geschuldeten Werkerfolg eine funktionierende lüftungstechnische Versorgung erwarten durfte.
Dies entspricht seit langem der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.
Verteidigt hat sich der Auftragnehmer mit der Behauptung, er habe insoweit Bedenken geltend gemacht gegen die Leistungsfähigkeit der Lüftungstechnik, wie sie nach dem zweiten Angebot von ihm geschuldet worden ist, darauf hingewiesen, dass lediglich 2 zentrale Geräte nicht ausreichend seien, um die gesamten Räumlichkeiten lüftungstechnisch zu versorgen.
Das OLG Zweibrücken hat in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung - nicht nur der des BGH, sondern auch der Oberlandesgerichte - ausgeführt, dass keine ausreichende Bedenkenanmeldung vorgelegen habe.
Der Auftragnehmer sei verpflichtet gewesen, seinen Auftraggeber ganz konkret darauf hinzuweisen, dass weitere, getrennte raumlufttechnische Anlagen erforderlich seien wegen der unterschiedlichen Nutzlasten der verschiedenen Räumlichkeiten.

Merke:
Wenn ein Auftragnehmer Bedenken gegen die Tauglichkeit der von ihm zu erbringenden Leistung anmeldet, müssen die Bedenken so konkret sein, dass der Auftraggeber erkennen kann, weshalb die vom Auftragnehmer geschuldete Leistung nicht geeignet ist, den vom Auftraggeber erwarteten Werkerfolg herbeizuführen. Es versteht sich von selbst, dass man Bedenken grundsätzlich, nicht nur in den Fällen, wie sie in § 4 Abs. 3 VOB B geregelt sind, schriftlich anmeldet, um den Beweis führen zu können, dass im erforderlichen Umfang Bedenken angemeldet worden sind.

Welche existenzbedrohenden Folgen es haben kann, wenn ein Auftragnehmer die von ihm geschuldete Leistung nicht fristgerecht und mangelfrei erbringt, zeigt die Entscheidung des OLG München (Urteil vom 20.08.2013, 9 U 794/12 Bau; Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH zurückgewiesen)

Worum es ging, ergibt sich bereits aus den Leitsätzen der Entscheidung:

"1.
Wird die Leistung (hier Parkettverlegearbeiten) nicht termingerecht und mangelfrei hergestellt, hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber den daraus entstehenden Schaden in voller Höhe zu ersetzen.

2.
Weist der Auftraggeber den Auftragnehmer auf Schäden für den Fall verspätet erzielter Bezugsfertigkeit hin, muss dem Auftragnehmer klar sein, dass erhebliche Folgeschäden drohen können. Verhindern Mängel die Bezugsfertigkeit einer Wohnung, ist regelmäßig mit erheblichen Schäden, die ein Vielfaches des Werklohns betragen können, zu rechnen."

Der Sachverhalt ist rasch erzählt: Ein Auftragnehmer hatte sich verpflichtet, in einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, das ein gewerblich tätiger Auftraggeber hatte errichten lassen, Parkett zu verlegen. Er hatte sich verpflichtet, die Arbeiten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt fertigzustellen.

Der Auftraggeber hatte ihn darauf hingewiesen, dass Schäden entstehen würden für den Fall, dass wegen der nicht fristgerecht und mangelfrei erbrachten Parkettverlegearbeiten die Bezugsfertigkeit nicht rechtzeitig hergestellt werden kann. Die Leistung des Auftragnehmers war mangelhaft. Dies hat dazu geführt, dass der Auftraggeber die Wohnung nicht an einen Kaufinteressenten verkaufen konnte, der, als Zeuge vom Gericht vernommen, bestätigt hat, dass er die Wohnung gekauft hätte, wenn sie bezugsfertig gewesen wäre.
Mit der Klage hat der Auftraggeber neben den Mangelbeseitigungskosten Schadenersatz geltend gemacht in Höhe der Kosten, die durch den Nichtverkauf und die Nichtvermietbarkeit seiner Wohnung unter anderem für die Zinsen angefallen waren.

Der Anspruch auf Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung belief sich auf 47.253,87 €, der Schadenersatzanspruch auf 210.407,17 € zzgl. Zinsen! Das Oberlandesgericht München hat dem Auftraggeber den Schadenersatzanspruch zugesprochen. Es sah es als erwiesen an, dass dem Auftraggeber der von diesem geltend gemachte Schaden entstanden ist.

Diese Entscheidung ist wichtig für all die Gewerke, von deren fristgerechter und mangelfreier Erbringung die Bezugsfertigkeit entsprechender Wohnungen, entsprechender Häuser abhängt.
An dieser Stelle folgender Hinweis: Hätten die Parteien eine wirksame Vertragsstrafe vereinbart, d. h. eine solche mit einem nach der Rechtsprechung zulässigen Tagessatz und einem Höchstbetrag von 5 % der Werklohnforderung, wäre der Auftragnehmer gleichwohl verpflichtet gewesen, dem Auftraggeber den Schaden zu ersetzen.
Es ist einem Auftraggeber unbenommen, so ihm ein Schaden entsteht, der höher ist als die vereinbarte Vertragsstrafe, diesen Schaden geltend zu machen.